Doku ‚Bungalow‘ auf Arte mit Prof. Dr. Carola Ebert
Wie werden Bungalows definiert? Als Flachdach, mit viel Glas und Blick auf das Häusermeer oder als einfache Ferienhütte? Und was hat es mit "bangolo", dem Bauernhaus aus Bangladesh auf sich? Diese und weitere Fragen betrachtet die Dokumentation "Bungalow", die am Sonntag, 18. Juli, um 11.15 Uhr MESZ auf Arte ausgestrahlt wird.
Die Filmemacherin Stefanie Appel machte sich für ihre Arte-Dokumentation auf den Weg nach Dhaka, Berlin, Mörfelden-Walldorf und Los Angeles – und interviewte Prof. Dr. Carola Ebert, Professorin an der Fakultät Architektur und Design von Berlin International, sowie verschiedene andere renommierte Experten wie Wita Noack (Direktorin des Mies van der Rohe Hauses in Berlin), Hiller Goedeking (Vorsitzender der Richard Neutra Gesellschaft in Mörfelden-Walldorf) und Said Ul Haque (Architekt und Professor am Bengalischen Institut für Architektur in Dhaka).
Die Sichtweise des Dokumentarfilms basiert in weiten Teilen auf Prof. Eberts Forschung und Doktorarbeit zur Kulturgeschichte des westdeutschen Bungalows, die Stephanie Appel während der Vorbereitung des Dokumentarfilms las und über die sie im Film miteinander sprechen. Das Interview wurde in der Hans-Dieter-Klingemann-Bibliothek von Berlin International gedreht.
Mehr zur Bungalowforschung, hier. Sowie zu Prof. Ebert Doktorarbeit, hier. Mehr Informationen über den Dokumentarfilm in der Pressemitteilung von Arte unten - oder im Trailer.
Über die Dokumentation „Bungalow“
„Komm vorbei in meinen Bungalow – by the rivers of cash flow“ heißt es in einem Hit der Wiener Band „Bilderbuch“. Die flache Hausform steht offenbar auch für jüngere Generationen für Luxus, vielleicht denkt mancher an die Häuser wie das „Stahl house“ in den Hollywood Hills in Kalifornien, von denen man auf das Häusermeer von L.A. blickt. Für Franzosen oder Ostdeutsche klingt das Wort „Bungalow“ allerdings vor allem nach einer Garten- oder Ferienhütte. Die Ursprünge des „bangolo“, des bengalischen Hauses, liegen zwischen Kalkutta und Dhaka. Hier baute man jahrhundertelang aus Bambus, Stroh und Lehm eingeschossige Häuser mit Veranda, die vor tropischer Sonne und Monsunregen schützen.
Die britischen Kolonialherren holten den zu „bungalow“ anglisierten Haustyp Ende des 19. Jahrhunderts nach Europa. In den 1920er Jahren entstand mit dem Ludwig Mies van der Rohes deutschem Pavillon für die Weltausstellung 1929 in Barcelona ein ikonisches Gebäude mit schwebendem Flachdach, fließenden Raumgefühl und spiegelnder Wasserfläche. Das inspirierte europäische und amerikanische Architekten seit den 1940er Jahren, die in Kalifornien mehrere Dutzend „case study houses“ errichteten. Erst mit dem Re-Import nach Europa entstand für diese Bauformen die Bezeichnung „Bungalow“.
Das eingeschossige Doppel-Atrium-Haus, in dem seit Anfang der 1960er Jahre der deutsche Bundeskanzler wohnte und hochrangige Gäste empfing, wurde „Kanzler-Bungalow“ getauft. In Mörfelden-Walldorf bei Frankfurt und in Quickborn bei Hamburg entstanden Bungalow-Siedlungen nach den Plänen des amerikanisch-österreichischen Architekten Richard Neutra. Die Bauform war eine Absage an die tümelnde Ästhetik der 1930er Jahre und eine bewusste Anknüpfung an den von den Nazis abgelehnten Bauhaus-Stil.
Heute wird der Bungalowbau in seiner Ursprungsregion als menschengemäße und nachhaltige Bauform wiederentdeckt. Saif Ul Haque wurde für seine Schulgebäude und Textilfabriken aus traditionellen Materialien ausgezeichnet.